Vernissage: 19. April, 19 - 21Uhr
Ausstellungsdauer: 20. April bis 10. Juni 2023
Die Ausstellung People & Portraits präsentiert eine Auswahl verschiedenster Porträts aus der Moderne und den aktuellen Tendenzen der zeitgenössischen Kunst aus der Galerie Isabelle Lesmeister. Mit dem Schwerpunkt auf die Nichtfarben Schwarz und Weiss werden verschiedene Werke versammelt, die trotz der Reduktion ihrer Farbwerte alle von einer individuellen künstlerischen Handschrift geprägt sind und einen spezifischen Wiedererkennungswert besitzen.
Der Mythologie zufolge wurde die Malerei erfunden, als Dibutade die Umrisse des Schattenprofils ihres Geliebten abnahm, das durch eine Lampe auf eine Wand geworfen wurde, um ihn während seiner langen Abwesenheit in Erinnerung zu behalten. Die Ursprungsgeschichte der Malerei ist maßgeblich an das Porträt gebunden. Es ist die älteste Gattung in der Kunstgeschichte und die Zweitranghöchste. Die gängigsten Typen sind das Einzel-, Doppel- und Figurenporträt.
In der Spätgotik wurden einzelne Personen zunehmend ihrem wahren Aussehen entsprechend abgebildet und die Porträtierten mit diversen Attributen und Symbolen versehen. Diese Tendenz kulminiert in der Renaissance in der Überzeugung, dass jede einzelne Person einzigartig und wertvoll ist. Diese Auffassung schlägt sich in den in dieser Zeit gefertigten Porträts nieder, indem die Bilder der individuellen Person so ähnlich wie möglich sehen und der Betrachter anhand des gemalten Bildes Aussagen über die Stimmung des Porträtierten fällen kann. Daneben zeichnete sich die Bewegung ab, die abgebildeten Personen zunehmend mit idealisierten Gesichtszügen und Proportionen darzustellen, insbesondere, wenn die Anfertigung eines solchen Bildnisses an eine bestimmte Funktion gebunden war. So waren Herrscherporträts an die Intention politischer Propaganda gekoppelt. Aufgrund der Kosten der Porträts, die meist Auftragsarbeiten waren, sind überwiegend Darstellungen von reichen Kaufleuten oder Adeligen bis zur Moderne entstanden.
Mit der Erfindung der Fotografie deutete sich ein Umschwung in der Gattung des Porträts an. Ein eigenes, dokumentarisches Abbild wurde erschwinglicher. Der Wettstreit der beiden Künste darum, wer ein exakteres Ebenbild der Natur schuf, führte in der Malerei dazu, dass sich die Künstler fragten, was ein gemaltes Porträt darstellen kann, das einem Foto als Momentaufnahme fehlt. Resultat ist eine Hinwendung zum Inneren des Menschen, das insbesondere durch die individuelle Handhabung der Farbpalette auf dem Medium der Leinwand realisiert wurde.
In der Ausstellung treten künstlerischere Positionen der Moderne mit Arbeiten aus der Gegenwartskunst in einen Dialog. Die Betrachter und Betrachterinnen werden dazu eingeladen, die gängigen Konventionen des Porträts zu hinterfragen - und sowohl Ähnlichkeiten, sowie Unterschiede in der Inszenierung der Porträtierten anhand vielfältiger Medien und Techniken zu entdecken
Das Repertoire der ausgestellten Werke beinhaltet unter anderem Grafiken der Jahrhundertkünstler Pablo Picasso und Henri Matisse, die auf unterschiedliche Weise abstrahierte Porträts von Frauen en face kreierten. Während Picassos Lithografie Buste blanc sur noir eine eigensinnige Abstraktion des weiblichen Torsos mit reduzierter und doch kräftiger Linienführung inszeniert, visualisiert Matisse mit seinem figurativen und druckgrafischen Werk in Schwarz-Weiss Gesichter von Frauen, die in ihrer homogenen Konzeption der Fläche die Harmonie der individuellen Gesichtszüge zum Ausdruck bringen. Außerdem umfasst die Ausstellung People & Portraits Andy Warhols fotografischen Siebdruck von Marilyn Monroe in Dreitontechnik, der in das kollektive Gedächtnis als Ikone der Kunstgeschichte einzog. Daneben werden Druckgrafiken von Alex Katz’ Muse Ada vor schwarzem oder weissen Grund mit einer Linienführung in der jeweiligen Komplementärfarbe gezeigt, die seine Ehefrau als prägnantes Motiv in Erscheinung treten lassen. Die Kopfbilder sind von einer komplexen Struktur geprägt, die in ihrem Ausdruck simpel wirken, aber auf einer klassischen Herangehensweise an das Motiv der Person beruhen.
Das italienische Künstlerduo Tania und Lazlo zeigen ein monochromes Portrait, nachgestellt nach einer Zeichnung der raffaelitischen Künstlers Dante Gabriel Rossetti. Mit schwungvollen Pinselstrichen zeichnet die ungarische Künstlerin Angelika Tóth zarte Portraits, gesellig Strassenszenen und Pärchen in verbundender Zweisamkeit. Die kubanische Künstlerin Mabel Poblet arbeitet mit Fotografie und dem großen Thema des Selbstportraits. Trotz oder vielleicht gerade wegen der „Farblosigkeit“ der ausgestellten Arbeiten liegt die volle Konzentration des Betrachters auf seinem monochromen Gegenüber, das ihn in einen stillen Dialog verwickelt.